Die Tech-Industrie wird von Männern dominiert – so weit, so schlecht. Doch langsam, aber sicher bekommt der sogenannte Boys Club Gesellschaft von begabten Frauen: Immer mehr Frauen fassen in der Branche Fuß.
Aus diesem Grund wollen wir hier spannenden und inspirierenden Frauen die Möglichkeit geben, sich vorzustellen und zu erzählen, wie und weshalb sie den Weg in die Tech-Branche gewählt haben. Aber auch Themen wie Geschlechtervorurteile, Herausforderungen oder Förderungsmöglichkeiten kommen zur Sprache.
Unsere Woman in Tech: Rachel Uwa
Heute erzählt uns Rachel Uwa, Gründerin der School of Machines, Making & Make-Believe, ihre Geschichte. In den letzten 15 Jahren hat sie verschiedene Communities für soziale Gerechtigkeit und Tech-Themen gegründet und in ihnen gelebt. Ihr Ziel ist es, diese beiden Bereiche zusammenzubringen und so die Welt ein bisschen mehr inklusiv, divers und fröhlicher zu gestalten. Zudem hat Rachel Erfahrung auf den Gebieten Tontechnik und VFX-Compositing.
Rachels Interesse an Tech wurde durch Musik geweckt:
Das war an der Uni, als ich meinen Studienschwerpunkt auf die Musikproduktion gelegt habe. Tontechnik war der logische nächste Schritt für mich. Ich habe dann außerdem gelernt, wie man das Equipment repariert und zusammenbaut, weil ich meine Werkzeuge wirklich verstehen wollte (statt Angst davor zu haben).
Ich habe dann in der Tontechnik und in der Gestaltung visueller Effekte gearbeitet. Und ich habe in einem alternativen Wohnprojekt in Chicago gelebt, das auf soziale Gerechtigkeit ausgerichtet ist. Dort habe ich mit 18 Personen zusammengewohnt. Mehr noch als durch meine Berufswahl wurde mein Lebensweg durch die Zeit in dieser Gemeinschaft beeinflusst.
Diese Zeit in einem alternativen Wohnprojekt hat Rachel im weiteren Verlauf auch bei ihrer Entscheidung für die Selbstständigkeit beeinflusst.
Als ich zum 2003 zum ersten Mal durch Europa gereist bin, begann das Bombardement des Irak durch die US-Regierung. Es war spannend, die Proteste von außen zu sehen. Als ich zurückkam, musste ich mit Bedauern feststellen, dass die Menschen, für die ich gearbeitet habe, auf der falschen Seite der Weltpolitik standen. Also habe ich gekündigt.
Der Schritt von einer sicheren Karriere in der Ton-Branche, von der ich absolut überzeugt war, ins Nichts, ausgelöst durch die Weltpolitik, war eine Art Weckruf für mich. Unsere Überzeugungen sind alles was wir haben; nichts im Leben ist sicher.
Ich habe dann im Jahr 2014 die School of Machines, Making & Make-Believe in Berlin gegründet. Die Schule bewegt sich im Überschneidungsbereich von Kunst, Technik, Design und der Beziehung zum Menschen. Wenn Lehrgänge stattfinden, bin ich Organisatorin und Moderatorin; wenn nicht, organisiere ich kleinere Events und Workshops in meinem Studio im ACUD (Kunsthaus in Berlin) oder fange mit der Planung neuer Lehrgänge für das folgende Jahr an.
Die Themen der Lehrgänge an ihrer Schule hat Rachel auf Grundlage der Skills ausgewählt, die sie selbst lernen möchte.
Am meisten begeistert hat mich die Entwicklung eines Projekts, bei dem es darum ging, sich in unbelebte Objekte zu verlieben und ganz allgemein neue, intime Erfahrungen zu erzeugen, die die Lücke zwischen Technik und menschlichen Gefühlen schließen können. Ich würde diesen Bereich unheimlich gerne weiter erforschen.
Die Schule wächst ebenfalls. Neben der Organisation vierwöchiger Vollzeitlehrgänge hoffe ich darauf, das Schulprogramm um Forschungsaufenthalte und Onlinekurse erweitern zu können. Das ist ein unheimlich spannendes Projekt!
Ein weiterer Grund für die Eröffnung ihrer eigenen Schule war der Mangel an Frauen in der Tech-Branche:
In allen Branchen, in denen ich gearbeitet habe (Tontechnik, VFX, Programmierung und Creative Technology), gab es nur sehr wenige Frauen. Ich glaube, dass das in vieler Hinsicht mit den unbefriedigenden Lehrmethoden zusammenhängt. Menschen arbeiten gerne kreativ. Vielerorts wird Tech auf eine sehr handfeste und faktische Weise unterrichtet; was Menschen an Technik aber fasziniert, sind die kreativen und fantasievollen Dinge, die man damit machen kann. Kreativität sollte an erster Stelle stehen, Technologie an zweiter. Ich fürchte allerdings, dass die meisten Bildungseinrichtungen und Lehrer das nicht verstehen.
„Traut euch, Fragen zu stellen.“
Kreativität und Technologie gehen für Rachel Hand in Hand. Wichtig ist ihr zudem, dass eine Branche nicht von einer Sichtweise – sei es eine männliche oder weibliche – dominiert wird. Allerdings dürfe die Diversity-Debatte nicht zu einer Debatte über Frauen verkommen. Vielmehr sollte eine ethnische, kulturelle und soziale Vielfalt entstehen.
In jeder Branche sollte es eine Vielfalt an Sichtweisen geben. Sonst sieht alles gleich aus. Ich habe zwar keine Ahnung, wie eine Welt voller Frauen in der Tech-Branche aussehen würde, weil es das noch nie gab. Ich gebe mir aber definitiv Mühe, mehr Frauen zu einer Karriere in der Tech-Branche zu ermutigen – oder auf jedem anderen, männlich dominierten Gebiet. Welche Vorteile das hätte? Nun, ich bevorzuge es, da nicht zu spekulieren, sondern es in die Tat umzusetzen und zu sehen, was passiert!
Dementsprechend hat Rachel auch ganz praktische Tipps für Frauen, die in die Tech-Branche einsteigen möchten:
Wer wirklich Interesse daran hat, mehr über Technologien zu lernen, sollte sich eine eigene Leidenschaft finden und genau damit anfangen. Man lernt nicht wirklich viel, indem man sich ein technisches Buch aussucht und von Anfang bis Ende durchliest. Besser ist es, sich eine eigene Idee oder ein Projekt auszudenken und in kleinen Schritten herauszufinden, wie es sich umsetzen lässt.
Außerdem sollte man viele Fragen stellen! Niemand kann alles wissen. Der erste Schritt auf dem Weg zu einem tieferen Verständnis ist es, zu lernen, die eigenen Wissenslücken zu benennen und Fragen zu stellen. Keine Angst! Wenn ich das kann, kann das jede!
Wie sind eure Erfahrungen als Frauen in der Tech-Branche? Und wie seht ihr Männer das – fehlen euch qualifizierte Frauen als Kollegen? Schickt uns eure Erfahrungen, Meinungen, Wünsche per Mail an redaktion@entwickler.de!
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