Interview mit Nour Chetouane, Senior Data Scientist bei the tean
Interview mit Nour Chetouane, Senior Data Scientist bei the tean
Die Tech-Industrie wird von Männern dominiert – so weit, so schlecht. Doch langsam, aber sicher bekommt der sogenannte Boys Club Gesellschaft von begabten Frauen: Immer mehr Frauen fassen in der Branche Fuß. Aus diesem Grund wollen wir hier spannenden und inspirierenden Frauen die Möglichkeit geben, sich vorzustellen und zu erzählen, wie und weshalb sie den Weg in die Techbranche gewählt haben. Aber auch Themen wie Geschlechtervorurteile, Herausforderungen oder Förderungsmöglichkeiten kommen zur Sprache.
Nour Chetouane: Seit meinem Abitur habe ich erkannt das Technologie, insbesondere die der Informatik, immenses Potenzial und eine vielversprechende Zukunft bereithält. Von einem pragmatischen Ansatz getrieben entschied ich mich, diesen Weg einzuschlagen. Anfangs war ich nicht besonders begeistert von IT, aber je tiefer ich mich in das Feld einarbeitete, desto faszinierender fand ich es.
Obwohl es anfangs herausfordernd war, wuchs mein Interesse stetig, während ich mehr lernte. Die Entwicklung von KI und ML hat mich weiter gefesselt und zeigte mir die sich bietenden, grenzenlosen Möglichkeiten. Es wurde klar, dass dies das Feld war, das ich verfolgen wollte, angetrieben von der Aufregung darüber, was mit KI erreicht werden kann.
Nour Chetouane: Nach dem Abschluss meines Masterstudiums arbeitete ich parallel zu meiner PhD-Arbeit als Projektassistentin am Softwareinstitut der Technischen Universität Graz. Mein Forschungsschwerpunkt lag auf der Anwendung von maschinellem Lernen im Software Testing. Mein ursprüngliches Ziel war es, eine akademische Karriere zu verfolgen.
Nach sechs Jahren Forschung fühlte ich jedoch den Drang, neue Erfahrungen in der Industrie zu sammeln.
Nach sechs Jahren Forschung fühlte ich jedoch den Drang, neue Erfahrungen in der Industrie zu sammeln und mein Fachwissen auf praktischere, realweltliche Herausforderungen anzuwenden. Angesichts meiner Erfahrung als ML-Forscherin suchte ich mir eine Stelle als Data Scientist. Jetzt beginne ich meine berufliche Laufbahn in dem KI-Unternehmen the tean.
Nour Chetouane: Meine größten Unterstützer waren immer meine Eltern. Sie glaubten an mich und die Zukunftsmöglichkeiten, die die Technologie bieten könnte, und ermutigten mich, meine Studien zu verfolgen und die höchsten Abschlüsse zu erreichen. Ihr Stolz auf jeden Meilenstein, den ich erreichte, hielt mich auch in den schwierigsten Zeiten motiviert.
Mein zweiter großer Unterstützer ist mein Ehemann. Er war unglaublich unterstützend, stärkte mein Selbstvertrauen und ermutigte mich, Karriere zu machen. Seine Ermutigung war besonders wichtig, als ich beschloss, von der Wissenschaft in die Industrie zu wechseln, was für mich ein herausfordernder Schritt war.
Nour Chetouane: Derzeit arbeite ich als Senior Data Scientist bei dem Technologieunternehmen the tean, das KI-basierte digitale Plattformen entwickelt. In dieser Rolle bestehen meine täglichen Aufgaben hauptsächlich aus Codierung und Debugging, wobei ich maschinelle Lernmodelle entwickle und verfeinere sowie Datenanalysen durchführe. Meine Hauptverantwortung besteht darin, sicherzustellen, dass diese Modelle genau und effizient sind, was kontinuierliches Testen und Verbesserungen erfordert. Darüber hinaus nehme ich an Teammeetings teil, um Herausforderungen zu besprechen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Diese Rolle kombiniert technische Arbeit mit Teamarbeit, sodass wir Probleme effektiv angehen und unsere Ziele erreichen können.
Meine Hauptverantwortung besteht darin, sicherzustellen, dass diese Modelle genau und effizient sind.
Nour Chetouane: Mein größter Stolz ist der Erwerb meines Doktortitels in Informatik. Diese Erfahrung war sowohl technisch als auch mental besonders herausfordernd. Anfangs stand ich vor einem völlig neuen Studienzweig, dem Software Testing, und musste lernen, wie ich mein Wissen im maschinellen Lernen in diesem Bereich anwenden konnte. Außerdem musste ich neue Programmiersprachen lernen, die nicht Teil meines Studiums waren, z. B. Python. Diese neuen Fähigkeiten zu erlernen und sie selbstständig zu meistern, war für mich ein bedeutender Erfolg.
Nour Chetouane: Ich möchte weiterhin den Bereich des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz vertiefen. Es ist ein sehr aktuelles und spannendes Feld in der IT und ich finde es sowohl vielversprechend als auch aufregend. Daher möchte ich in diesem Bereich weiterarbeiten und ihn in Zukunft noch intensiver erforschen.
Nour Chetouane: Meiner Meinung nach gibt es mehrere Gründe, warum so wenige Frauen in der Tech-Branche tätig sind. Ein Hauptfaktor sind die anhaltenden Geschlechterstereotypen, die suggerieren, dass Technologie ein von Männern dominiertes Feld ist, was junge Mädchen davon abhält, IT-Studien zu verfolgen. Außerdem fehlt es an sichtbaren weiblichen Vorbildern und Mentoren in der Tech-Branche, was das Selbstvertrauen und die Ziele von Frauen beeinträchtigen kann.
Es fehlt an sichtbaren weiblichen Vorbildern und Mentoren in der Tech-Branche.
Frauen stehen auch vor Herausforderungen wie unbewussten Vorurteilen, Diskriminierung und einer Arbeitskultur, die unwillkommen oder sogar feindlich sein kann. Diese Hürden können es Frauen erschweren, in die Tech-Branche einzutreten, dort zu bleiben und aufzusteigen.
Nour Chetouane: Ein häufiges Klischee in Bezug auf „Women in Tech“ ist die Annahme, dass Frauen weniger kompetent oder technisch versiert sind als ihre männlichen Kollegen. Dies kann dazu führen, dass Frauen unterschätzt, bei Beförderungen übersehen oder in technischen Diskussionen nicht ernst genommen werden. Diese Stereotypen schaffen Barrieren für gleiche Chancen, behindern das berufliche Wachstum und tragen zu einem weniger inklusiven Arbeitsumfeld bei.
Allerdings sollten wir nicht verallgemeinern, da es immer noch Ausnahmen von diesem Klischee gibt. Persönlich habe ich, obwohl ich oft das einzige weibliche Mitglied in meinem Team war, nie diese Diskriminierung von meinen männlichen Kollegen erfahren.
Nour Chetouane: Im Allgemeinen gab es in den letzten Jahren Bemühungen innerhalb der Tech- und IT-Branche, die Bedingungen für Frauen zu verbessern. Unternehmen legen mehr Wert auf Diversität und Inklusion, was zu größerer Unterstützung für Frauen in diesen Bereichen führt. Es gibt auch vermehrt Initiativen und Programme, die den Einstieg von Frauen in diese Bereiche erleichtern und ihre berufliche Entwicklung unterstützen. Dennoch bestehen weiterhin Herausforderungen und es ist noch viel Arbeit nötig, um echte Gleichstellung und Chancengleichheit für Frauen in der Tech- und IT-Branche zu erreichen.
Stereotypen schaffen Barrieren für gleiche Chancen.
Nour Chetouane: Ich rate jeder Frau, die in die Tech-Branche einsteigen möchte, an sich selbst zu glauben, ihren Wert und ihre Fähigkeiten zu erkennen und sich nicht von Stereotypen oder Vorurteilen entmutigen zu lassen. Sie sollte sich daran erinnern, dass sie genauso in dieses Feld gehört wie jeder andere und dass ihre Fähigkeiten und Perspektiven wertvolle Beiträge sind. Sie sollte keine Angst haben, in Meetings und Diskussionen ihre Meinung zu äußern und sich durchzusetzen. Die Ideen und Meinungen von Frauen sind genauso gültig wie die anderer; also sollte sie sicherstellen, dass ihre Stimme gehört und ihre Beiträge anerkannt werden.