Interview mit Silvia Schreier, Technical Architect

Women in Tech: „Mangelnde Kommunikation sehe ich als eine der Hauptursachen für Probleme in der IT“

Women in Tech: „Mangelnde Kommunikation sehe ich als eine der Hauptursachen für Probleme in der IT“

Interview mit Silvia Schreier, Technical Architect

Women in Tech: „Mangelnde Kommunikation sehe ich als eine der Hauptursachen für Probleme in der IT“


In unserer Artikelserie „Women in Tech“ stellen wir inspirierende Frauen vor, die erfolgreich in der IT-Branche Fuß gefasst haben. Heute im Fokus: Silvia Schreier, Technical Architect bei METRONOM.

Die Tech-Industrie wird von Männern dominiert – so weit, so schlecht. Doch langsam, aber sicher bekommt der sogenannte Boys Club Gesellschaft von begabten Frauen: Immer mehr Frauen fassen in der Branche Fuß.

Aus diesem Grund wollen wir hier spannenden und inspirierenden Frauen die Möglichkeit geben, sich vorzustellen und zu erzählen, wie und weshalb sie den Weg in die Tech-Branche gewählt haben. Aber auch Themen wie Geschlechtervorurteile, Herausforderungen oder Förderungsmöglichkeiten kommen zur Sprache.

Unsere Woman in Tech: Silvia Schreier

Silvia Schreier

Als Technical Architect bei METRONOM vermittelt Silvia Schreier zwischen Fach- und IT-Experten von der METRO Companion App über den Webshop bis hin zur Webpräsenz aller 26 METRO Länder.

Neben der Beantwortung der spannenden fachlichen Fragen in diesem Bereich nutzt sie ihre Erfahrung im Bereich Webarchitektur, um die Balance zwischen den Anforderungen der Benutzer, einer nachhaltigen Architektur und zuverlässigem Betrieb zu finden.

Was hat dein Interesse für die Tech-Branche geweckt?

Mein Interesse für Technik wurde schon früh in der Kindheit durch meine Eltern geweckt. Beide haben ein technisches Studium absolviert und bei uns gab es sowohl viele technische Spielsachen als auch schon sehr früh einen PC. So war technisches Interesse für mich selbstverständlich und es hat sich auch schnell gezeigt, dass mir Mathematik und logisches Denken Spaß machten.

Technisches Interesse war für mich selbstverständlich.

Nach dem Abitur startete ich mein Studium im Fach Computational Engineering (eine Kombination aus Informatik, Mathematik und Physik) in Erlangen. Zwei Semester später merkte ich aber, dass mir mir Informatik deutlich mehr lag als Physik, weshalb ich mich dazu entschied in den reinen Informatikstudiengang zu wechseln. In der Zeit an der Universität verstärkte sich auch mein Interesse für die Lehre und Forschung, sodass ich im Anschluss an das Studium eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der FernUniversität in Hagen antrat. Dort kam ich dann zum ersten Mal mit dem Gebiet Webarchitektur in Berührung und meine Forschungsschwerpunkte wurden REST-konforme Architekturen und ihre Modellierung. Forschung und Lehre bereiteten mir viel Spaß und ich lernte neben eigenverantwortlichem Arbeiten, auch meine Gedanken und Ideen zu Papier zu bringen oder auf Konferenzen zu präsentieren. Nach einer gewissen Zeit strebte ich jedoch nach neuen Erfahrungen, die ich mir in der Wirtschaft erhoffte. Dank meines Forschungsthemas hatte ich schon Kontakt zu Stefan Tilkov und INNOQ. Dort konnte ich als Consultant in vielen spannenden Projekten genau diese Erfahrung sammeln. Ein Projekt fesselte mich so sehr, dass ich zur METRONOM, der IT-Tochter der METRO gewechselt bin. Dort konnte ich in einem internationalen Umfeld durch verschiedene Rollen und Teilprojekte viel über die Entwicklung und vor allem auch denn Betrieb großer Systeme lernen.

Vorbilder und Unterstützer

Einen großen Anteil an meinem technischen Interesse haben sicherlich meine Eltern, die es schon früh unterstützt und gefördert haben. Auch mein Partner hat mich seit dem Studium unterstützt. Während meines Studiums beeindruckte mich ein Professors mit seiner Leidenschaft für die Lehre. Dies zeigte mir, wie wichtig gute Lehre ist, aber vor allem auch, den eigenen Job zu lieben. Im weiteren Verlauf meines Berufslebens, haben mich meine Vorgesetzten alle dahingehend unterstützt, dass sie mir viel Vertrauen entgegenbrachten, Verantwortung überließen und stets ein offenes Ohr hatten. Meine letzte Chefin hat mir wiederum gezeigt wie gute Personalführung aussehen kann.

Ein Tag in Silvias Leben

Ich bin Technical Architect bei METRONOM und bin verantwortlich für einen Teil unserer Systeme, mit denen die METRO-Kunden Kontakt haben, d. h. unsere Webseite, der Online-Shop und die mobile App. Ich sehe meine Aufgabe darin, die Abstimmung dieser Teams untereinander und auch mit anderen Teams aus dem Anwendungs- und Plattformbereich bei METRONOM zu unterstützen. Außerdem helfe ich unseren Product Ownern und auch dem Management bei technischen Einschätzungen und strategischen Entscheidungen. Neben der Koordination von größeren technischen Projekten, unterstütze ich die Teams bei jeglichen fachlichen, technischen oder organisatorischen Fragen. Mein Arbeitsalltag ist, sowohl von meinen Tätigkeiten, als auch von den Menschen mit denen ich zusammenarbeite, vielfältig und abwechslungsreich. Genau das ist es, was ich an meinem Job mag! Es gibt Tage, an denen ich helfe Produktionsprobleme zu lösen, neue Features zu entwickeln oder auch einfach die richtigen Leute von verschiedenen Teams zusammenzubringen. In den letzten Monaten habe ich aber auch wieder angefangen, Vorträge auf Konferenzen zu halten und unterstütze auch Kollegen dabei.

Mein Arbeitsalltag ist vielfältig und abwechslungsreich.

Ich habe in verschiedensten Projekten, sowohl im Studium als auch im Berufsleben gearbeitet. Jedes für sich hatte seine spannenden Seiten und ich habe immer etwas neues gelernt. In der Regel war es immer Teamarbeit. Ich glaube der spannendste Moment war, als die erste Version unseres Lagerverwaltungssystem in Betrieb genommen wurde. In der Zeit war ich nicht primär Entwicklerin, sondern Product Owner; es war toll, als aufgrund der Software, die wir über ein knappes Jahr mit zwei großen Teams entwickelt hatten, plötzlich diverse Prozesse automatisch angestoßen wurden und die Kollegen im Lager sich auf ihre Gabelstapler setzen, um die Ware an die richtigen Stellen zu bringen. Ich erinnere mich noch daran, dass die erste Kundenbestellung, dann nur aus Tiefkühlartikeln bestand. Keiner der an dem Tag Anwesenden ließ sich von den -20°C abhalten, direkt in der Tiefkühlhalle dabei zu sein, als die Ware zusammengepackt wurde.

Wieso gibt es nicht mehr Frauen in der Tech-Branche?

Ich glaube, es gibt immer noch zwei große Probleme in unserer Gesellschaft: zum einen ist es total salonfähig „schlecht in Mathe zu sein“; nicht lesen und schreiben zu können, würden die wenigsten offen zugeben. Wenn man sich zum Beispiel Spielsachen anschaut, so werden jene, die technisches Interesse oder logisches Denken fördern, oft immer noch für Jungen deklariert. Solange sich das nicht ändert, werden vermutlich viele Mädchen, aber auch Jungen, nie ihr Interesse an technischen Themen entwickeln können. Das finde ich sehr schade, denn ich habe inzwischen einige Frauen getroffen, die dann durch Initiativen wie Railsgirls die Vielseitigkeit und Kreativität von Informatik kennengelernt und ihr eigenes Interesse daran entdeckt haben. Ich glaube, die größte Hürde, die es zu überwinden gilt, ist mit Technik in Berührung zu kommen und sich dann nicht davon einschüchtern zu lassen, dass man in vielen Fällen einer Minderheit angehört. Aber auch da sind wir auf einem guten Weg.

Frauen in MINT-Fächern

Ich glaube ja, dass Frauen in einigen Bereichen wie Kommunikation, Kollaboration und Organisation, oft stärker sind. Gerade mangelnde Kommunikation sehe ich als eine der Hauptursachen für Probleme in der IT. Unabhängig davon glaube ich, dass das wichtigste ist, die eigenen Stärken, Schwächen und Vorlieben, als auch die der Kolleginnen und Kollegen, zu kennen, um dann das Beste daraus zu machen. Haben wir also mehr unterschiedliche Menschen, mit unterschiedlichen Vorlieben und Stärken, so wird das gesamte Team davon profitieren.

Mangelnde Kommunikation sehe ich als eine der Hauptursachen für Probleme in der IT.

Ich finde, hinsichtlich der Diversity-Debatte sind wir auf einem guten Weg, aber eine solche Veränderung braucht auch seine Zeit. Je mehr unterschiedliche Menschen in der IT unterwegs sind, desto mehr unterschiedliche Menschen werden sie erreichen. Ich bin überzeugt, dass jeder von uns seinen Beitrag dazu leisten kann, in dem wir mit Begeisterung und Leidenschaft über Technik reden und insbesondere zeigen wie vielseitig dieser Job sein kann.

Hindernisse

Ich kann mich bisher glücklich schätzen, dass ich alles in allem viele positive Erfahrungen sammeln durfte und eher Unterstützung als Widerstand erfahren habe. Es gab einmal einen Physiklehrer, der meinte es Mädchen schwerer machen zu müssen, aber auch das habe ich damals eher als Herausforderung gesehen.

Es passiert hier und da mal, dass erstmal nicht angenommen wird, dass man als Frau einen technischen Hintergrund hat, insbesondere, da man ja in der Regel in gemischten Teams arbeitet. Aber ist das erste Missverständnis aus dem Weg geräumt, gibt es im Normalfall keine Probleme. In manchen Situationen schadet es ja auch nicht, zunächst unterschätzt zu werden. Ich glaube man sollte ein solches Missverständnis vor allem nicht persönlich nehmen, auch wenn das je nach Situation manchmal schwer fallen mag. Viel unangenehmer finde ich es, wenn man sich Gedanken darüber macht, dass man eventuell nur eingeladen wurde, um die Frauenquote zu erfüllen. Aber auch darüber versuche ich mir heute keine Gedanken mehr zu machen, sondern die Chance zu ergreifen.

Tipps & Tricks

Das wichtigste ist, herauszufinden was dir Spaß macht und offen zu sein. Lass dich nicht von Herausforderungen abschrecken, sondern sehe sie als Chance!

Das wichtigste ist, herauszufinden was dir Spaß macht und offen zu sein.

Ich finde, das gilt für jeden Job. Außerdem arbeiten in der IT viele nette Menschen, trau dich auf andere zuzugehen. Natürlich gibt es auch in der IT zurückhaltendere Menschen, aber wenn es um die Sache geht, findet man zu fast jedem einen Zugang. Wenn du diesen Job machen willst, dann bist du die richtige dafür. Viele von uns stehen jeden Tag vor Herausforderungen, die sie so vorher noch nicht gesehen haben. Mit anderen Worten, erstmal ratlos zu sein und Fragen zu stellen, ist das normalste auf der Welt. Es geht weniger darum alles zu wissen, als die Grundlagen und Zusammenhänge zu kennen und zu wissen wie man nach möglichen Lösungen sucht. Das tolle ist, es wird nie langweilig, aber gleichzeitig hören die Herausforderungen auch nie auf.

Madeleine Domogalla