Die User Experience der Apple Watch steigern
Die User Experience der Apple Watch steigern
Für Entwickler und Designer ist das Erscheinen neuer Geräte Segen und Fluch zugleich. Neue Devices bieten eine Fülle neuer und kreativer Design- und Entwicklungsoptionen und bringen frischen Wind in den beruflichen Alltag. Aber der Spaß kann sich auch schnell in Frust verwandeln, wenn die neuen Geräte nicht das einhalten, was sie versprechen – so geschehen mit der Apple Watch. Aber kein Grund zur Sorge: Wir erklären euch, wie die drei Nachteile der Apple Watch in das eigene App-Design integriert werden müssen, um die User Experience zu steigern.
Als Apple im September 2014 die Apple Watch zusammen mit iPhone 6 und iPhone 6 Plus vorstellte, herrschte große Euphorie. Weltweit stürzten sich Entwickler und Designer auf das neue Device und brachten eine Riege neuer Apps hervor. Die anfängliche Hochstimmung nahm aber mit der Zeit immer weiter ab und wich schließlich einer Welle der Frustration, die auf die limitierten Kapazitäten der Apple Watch zurückzuführen ist.
Medienhype und elegantes Design konnten letztlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die erste Generation der Apple Watch die Erwartungen nicht vollends erfüllen konnte. Zahlreiche ausführliche Tests ergaben, dass das Gerät im Endeffekt seinen Vorschusslorbeeren nicht gerecht wird. Auch wenn watchOS 2 Hoffnung auf die Zukunft macht und Verbesserungen in Leistung, Funktionalität und Optionsumfang verspricht, leidet die aktuelle Version an einer Reihe von Beschränkungen.
Aus Designperspektive hat die Apple Watch mit insgesamt drei Limitierungen zu kämpfen, die wir euch im Folgenden vorstellen. Als Designer sollte man die Schwachstellen nicht nur kennen, sondern wissen, wie man sie umgeht. Nur so ist es möglich, sie vorteilhaft ins eigene App-Design zu integrieren.
Es mag gewagt klingen, aber Fakt ist: Die Smartwatch ist kein iPhone, sondern ein komplett anderes Medium. Apps für das Handgelenk können dementsprechend nicht das Gleiche leisten wie Applikationen für das Smartphone.
Watch-Apps sollten die Features des iPhones sinnvoll unterstützen und den Funktionsumfang mobiler Geräte erweitern. Es geht nicht um das Eins-zu-eins-Kopieren vorhandener Merkmale, sondern um die sukzessive Verbesserung des bereits vorliegenden Angebots im Rahmen der technischen Möglichkeiten der Apple Watch.
Twitter-Watch-App, Quelle: www.watchaware.com
Ein gutes Beispiel hierfür ist Twitter. Die User Experience des Mikroblogging-Diensts zeichnet sich auf mobilen Devices und Desktops dadurch aus, dass Nutzer schnell und einfach durch Hunderte von Tweets scrollen können. Aufgrund des kleinen Bildschirms ist es nicht möglich, die Erfahrung in gleicher Form auf einer Smartwatch umzusetzen.
Dass es auch anders geht, beweist die Watch-App von Twitter. Statt bekannte Features zu ersetzen, ergänzt ihr Funktionsumfang das Mobile- und Desktop-Angebot. So ist es möglich, sich per Apple Watch einen schnellen Überblick über neue Tweets und Top-Trends zu verschaffen, in sekundenschnelle das eben gehörte Lied zu twittern oder neue Notifications und Follower abzurufen.
Die Apple Watch ist kein eingeständiges Gerät, sondern eine Ergänzung zum iPhone. Viele ihrer Funktionen kann sie erst im Zusammenspiel mit dem mobilen Device entfalten. Die Kommunikation zwischen den beiden Modellen erfolgt per Handoff-System. Es erlaubt den Nutzern, auf der Smartwatch gestartete Aktivitäten auf dem iPhone fortzusetzen.
Der gestaffelte Interaktionsprozess kann jedoch aufgrund der beschränkten Netzwerkeigenschaften der Apple Watch schnell ins Stocken geraten. Das ist nicht nur wenig förderlich für die User Experience, sondern verdammt den Nutzer ebenfalls dazu, in der Öffentlichkeit lange Zeit auf das Handgelenk starren zu müssen.
Aufgrund der höheren Ladezeiten und der gesteigerten Wahrscheinlichkeit von Netzwerkabbrüchen sollten Inhalte bereits vor der eigentlichen Interaktion auf die Watch vorgeladen werden. Möglich macht das das Background Fetch API in iOS, das Daten automatisch in periodischen Abständen herunterlädt. Die Funktion basiert auf einem Algorithmus, der nicht nur die Akkulaufzeit und Verbindungsqualität analysiert, sondern auch ermittelt, wie oft eine App benutzt wird und wie häufig neue Inhalte zur Verfügung stehen.
Apples Designrichtlinien für die Apple Watch, Quelle: www.developer.apple.com
Ebenfalls kann die Performance durch die Skalierung von Fotos gesteigert werden. Das 42 mm Gehäuse der Apple Watch umfasst einen Bildschirm mit einer Auflösung von 312 x 390 Pixeln. Alle Bilddateien, die diesen Richtwert überschreiten, können Watch-Apps nicht nur ausbremsen, sondern sogar durch eine übermäßige Auslastung des Arbeitsspeichers kontinuierlich zum Absturz bringen.
Für Entwickler und Designer sind daher die beschränkten Netzwerkeigenschaften der Apple Watch gleichermaßen ein echtes Problem. Auch Apple ist sich dessen bewusst und bietet auf seiner Homepage einen hilfreichen Guide zur Erstellung von Apps an, der die Interaktion der User mit den visuellen Elementen erklärt.
Die Gestensteuerung der Apple Watch ist auf Interaktionen von links nach rechts und von oben nach unten ausgelegt. Deswegen muss das User Interface möglichst simpel und funktional gestaltet sein, da überlappende Elemente keine Designoption darstellen. Gestalterische Engpässe können daher am besten durch minimalistische Designentwürfe ausgeglichen werden.
Die Watch-App von Uber ist ein gutes Beispiel, wie man den Funktionsumfang der Smartphone-App durch ein simples User Interface auf das Wesentliche reduzieren kann. Die Watch-Applikation besteht aus einem einzigen Button, der es ermöglicht, eine Fahrt direkt zu bestellen. Sobald der Fahrer da ist, erhalten die Nutzer zudem eine Benachrichtigung auf ihr Gerät.
Die Reduzierung auf das Nötigste ist möglich, da sich die Watch automatisch auf die zuletzt gewählte Option sowie Zahlungsmethode einstellt und der Abholungsort per GPS ermittelt wird. Zur Änderung der Einstellungen muss der User auf sein Smartphone zurückgreifen.
“Every word you display in an app is part of a conversation you have with users”
Die visuelle Gestaltung reduziert sich bei der Apple Watch aber nicht nur auf optische Elemente, sondern erstreckt sich ebenfalls auf die richtige Wortwahl. Auch wenn das Schreiben von Texten bei Designentscheidungen in der Regel keine Rolle spielt, ist das Verfassen prägnanter und motivierender Texte auf kleinsten Raum ein wichtiger Faktor, um die User Experience des Geräts zu verbessern.
Es steht außer Frage, dass die Apple Watch zur Markteinführung mit erheblichen Problemen zu kämpfen hatte. Die Nutzer beschwerten sich über eine zu kurze Akkulaufzeit und den nur schwerlesbaren Bildschirm; zudem wurden Tragekomfort und die Abhängigkeit von Siri kritisiert.
Aber trotzdem gilt, dass die Apple Watch unter deutlich weniger Kinderkrankheiten als etwa die erste Generation von iPads und iPhones leidet. Sie umfasst schon jetzt einige innovative Features wie das neue Notifcations-Sytem oder Glance, das die wichtigsten Informationen für Nutzer unabhängig von einzelnen Apps aufbereitet.
Die Apple Watch ist zwar nicht der erhoffte revolutionäre Schritt, bleibt aber dennoch auch in Zukunft ein vielversprechendes Stück Technologie. Sie stellt Entwickler und Designer gleichermaßen vor die Herausforderung, kreative Lösungswege zu konzipieren, um durch simple sowie funktionale Features die Möglichkeiten des Ergänzungsgeräts vollends auszuschöpfen und dadurch die User Experience zu steigern.
Aufmacherbild: Man Using App on Apple Watch via Shutterstock / Urheberrecht: Anna Hoychuk