Prognosen für das Webdesign 2017
Prognosen für das Webdesign 2017
Webdesign ist wandelbar: Material Design hat die Kreativität nun doch nicht getötet; 2017 könnten Conversational UIs aber für einen Paradigmenwechsel sorgen. Hier sind die Prognosen für die Webdesign-Welt im Jahr 2017!
Leichtgewichtigere Websites und weniger Vielfalt – das wird bereits seit Jahren als Webdesign-Trend prognostiziert. Nichts davon ist bislang eingetreten: Die durchschnittliche Website ist noch immer zu groß fürs mobile Web. Es scheint, als ob sich so langsam die Devices dieser Tatsache anpassen würden – oder doch zumindest die User daran gewöhnen. Mit Ausnahme von Googles Accelerated Mobile Pages, kurz AMP, zeichnen sich keine Technologien ab, die in naher Zukunft für eine signifikante Änderungen sorgen könnten. Aber wie sieht es denn sonst mit Trends und Prognosen für das Jahr 2017 aus?
Im vergangenen Jahr wurde noch darüber diskutiert, dass sich Googles Design-Standards des Material Designs nicht im Desktop-Web durchsetzen können und dass das eigentlich auch ganz gut so ist. Ob diese Einschätzung für das Jahr 2017 noch gültig ist, betrachten wir gleich. Zunächst widmen wir uns jedoch der Frage, welche Auswirkungen ein möglicher Siegeszug der Progressive Web Apps (PWA), diskutiert in Teil 1 dieses Artikels, auf das Webdesign haben könnte:
Craig Buckler stellt die gewagte These auf, dass der Desktop-PC in Zukunft keine Rolle mehr für das Webdesign spielen wird. Mobile Only, das ist seine Prognose für das Jahr 2017! Websites sollen, Buckler zufolge, künftig nur noch für Mobilgeräte optimiert werden, nicht mehr für die größeren Bildschirme von Laptop und PC. Dort funktionieren sie dann natürlich auch – und doch würde das Design in diesem Fall am Laptop deutlich schlichter und klarer ausfallen als bisher. Statt aufwändiger Entwürfe, die viel Platz benötigen, würde auch der Desktop-User nur das sehen, was das Smartphone zeigt. Man würde Designs hochskalieren, nicht mehr auf kleinere Geräte anpassen.
Diese Voraussage steht natürlich in Verbindung mit der Idee eines Siegeszugs der Progressive Web Apps. Wenn nur noch eine Anwendung erstellt werden muss, die sogar als mobile App installierbar ist, stellt es eine durchaus ökonomische Entscheidung dar, das Produkt ausschließlich auf diese Option zu zentrieren.
Im Kontext der seit Jahren gepredigten, jedoch noch oft vernachlässigten, Mobile First Strategie erscheint es jedoch mehr als fraglich, ob tatsächlich bereits in diesem Jahr ein Wandel zu Mobile Only beginnen wird. Darüber hinaus muss man hinterfragen, wie vielen Nutzern tatsächlich ein Mobile-Only-Ansatz entgegenkommt. Denn schließlich wechseln nicht wenige von uns mehrfach am Tag zwischen Desktop, Smartphone und Tablet hin und her.
Andererseits ist Buckler mit seiner Prognose eines stärkeren Fokus auf Mobilgeräte aber nicht alleine. Auch andernorts liest man, dass dieses Jahr doch zumindest Mobile First einen Aufschwung im Webdesign erleben wird. Insofern scheint diese Prognose nicht ganz weit hergeholt zu sein.
Im App-Bereich wurden die Standards des Material Designs bereits gut angenommen; wenn nun also künftig nur noch dafür designt wird, könnte somit auch das Material Design einen Aufschwung erleben. Tatsächlich scheint dies eine durchaus plausible Prognose zu sein, wenn man sich verschiedene Vorhersagen für das Jahr 2017 ansieht.
Zumeist wird der Begriff des Material Designs zwar nicht verwendet und doch sind es die Design-Grundlagen dieses Stils, die sich in den Webdesign-Trends wiederfinden. Website-Gestaltung mit sich überlappenden Ebenen, starken Schattenwürfen und kontrastreichen, starken Farben wird wieder und wieder als großer Trend für das gerade begonnene Jahr vorausgesagt. Insofern könnten sich eine Beschäftigung mit Material Design lohnen.
Ein Design-Element des Material Designs schneidet jedoch gar nicht so gut in den Prognosen für das kommende Jahr ab: Das Hamburger-Menü ist hochgradig umstritten. Während die einen ihm eine glänzende Zukunft im Kontext des Designs für kleine Viewports vorhersagen, glauben andere, dass das Ende der Hamburger-Ära gekommen sein könnte.
Die Kritik an den drei Strichen, die sich erst durch die Nutzerinteraktion in ein echtes Menü verwandeln, ist nicht neu. Bereits im vergangenen Jahr wurde intensiv darüber diskutiert, dass der Hamburger zu weniger Nutzerinteraktionen führe, weil die Menü-Inhalte verborgen blieben; mancherorts wurden sogar schon Belege für das Ende der Hamburger-Ära gesucht und gefunden. Als Alternative werden flache Tab-Menüs gehandelt.
Entscheidend dafür, ob die Prognose über das Ende der Hamburger-Ära zutreffend sein könnte, ist wohl die Frage nach dem Device-Design. Wenn sich im Jahr 2017 der Wandel zu einem konsequenten Mobile-First-Design vollzieht, dürfte das die Wahrscheinlichkeit für ein Aussterben des Hamburgers eher reduzieren. Ein Paradigmenwechsel, der mit einem grundlegenden Design-Wandel innerhalb des typischen Mobile Designs einhergeht, wäre wohl doch eine zu große Veränderung innerhalb so kurzer Zeit.
Künstliche Intelligenzen sind eigentlich eher ein technisches Thema und keines, das zum klassischen Aufgabengebiet des Webdesigns gehört. Das könnte sich 2017 allerdings ändern. Bereits im vergangenen Jahr zeigte sich in verschiedenen Apps ein Trend zum Chatbot als Gesprächspartner für den User; mit Amazon Echo bzw. der darauf arbeitenden Sprachsteuerung/erkennung Alexa steht nun auch ein mithörendes System für Zuhause zur Verfügung, das demnächst auch in Connected Cars Einzug halten soll. Microsoft mit Cortana und Google mit Google Home bzw. Google Assistant schicken sich ebenfalls an, auf dem Markt für Smart Assistants ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Alles ist also für eine vermeintliche Battle of the Bots vorbereitet.
Alexa machte zwar kürzlich Schlagzeilen damit, einige ungewollte Bestellungen begonnen zu haben, wird also nicht nur positiv wahrgenommen. Dennoch zeigt sich sogar an diesen eher problematischen Fällen, wie weit der Wandel auf diesem Gebiet schon fortgeschritten ist. Ein anderes Beispiel dafür ist Siri, die jetzt auch in Drittanbieter-Apps genutzt werden kann.
Das Jahr 2017 könnte also dadurch geprägt sein, dass das Webdesign langsam Abschied von rein grafischen Nutzeroberflächen nimmt. Statt eines klassischen Designs mit bunten Farben und einer geschickten Aufmerksamkeitsführung durch Mikroanimationen und Eyecatcher könnte nun die gelungene Interaktion mit einem Conversational User Interface ins Zentrum der UX treten. Das stellt das Webdesign natürlich vor ganz neue Herausforderungen. Selbst wenn im Jahr 2017 noch keine breite Adaption der neuen Technologien erfolgen sollte, nähern sie sich unaufhaltsam in großen Schritten. Und der große Trend in Richtung eines „Uber für alles“, also intelligenter, chatbasierter Echtzeit-Bestellsysteme für diverse Zwecke, deutet daraufhin, dass es eher früher als später soweit sein könnte.
Insgesamt könnte das Jahr 2017 in Sachen Webdesign also davon geprägt sein, dass der Nutzer immer natürlicher mit Anwendungen interagiert. Material Design, bereits in Prognose 2 als Trend für das Jahr 2017 identifiziert, beruht auf dem Grundsatz der physischen Designprinzipien in der digitalen Welt: Schattenwurf und abgegrenzte Bereiche, wiedererkennbare Prinzipien und Animationen, die Veränderungen sichtbar machen. Und auch die Idee des CUI beruht darauf, dass der Nutzer möglichst natürlich mit der KI interagiert.
Ein weiterer Bereich, der 2017 von der Naturalisierung des Webdesigns geprägt sein könnte, ist der des Scrollens. Hier treffen wir womöglich erneut auf einen alten Bekannten: Parallax-Scrolling, also Scrollbewegungen jenseits des klassischen Top-to-Button, erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit und werden uns in diesem Jahr sicher weiter regelmäßig begegnen.
Webdesign war natürlich schon immer von Kommunikation geprägt. Auch für statische Seiten gilt nämlich, dass es ein No-Go ist, nicht mit dem Nutzer zu kommunizieren. Auf den ersten Eindruck kam es schon immer an! Farben transportieren Botschaften, die international schnell zu Problemen führen. Das Marken-Image musste übermittelt, der Kunde zum Bleiben bewegt werden; Informationen mussten schnell verständlich aufgearbeitet werden.
Wenn das User Interface nun in einen unmittelbaren Austausch mit dem User tritt, wird sich auch die Struktur von Design-Teams verändern. Wie soll der Bot mit dem Nutzer sprechen, welche Eingaben sind so leicht zu verstehen, dass es jedem User gelingt? Immerhin ist das Sprachverständnis der Systeme ja noch eher eingeschränkt.
Dieser Wandel könnte dazu führen, dass im Jahr 2017 die Nachfrage nach Psychologen und Kommunikationswissenschaftlern in Design-Teams deutlich steigt. Der Fokus könnte sich weg vom klassischen, auf Grafik spezialisierten Designer verschieben und hin zu den Bereichen wandeln, die auf das Verständnis des Menschen hinter dem Bildschirm spezialisiert sind.
Es wirkt also so, als ob das Jahr 2017 von einem immer natürlicher und klarer werdenden Webdesign geprägt sein könnte. Im Detail finden sich jedoch auch widersprüchliche Prognosen. Parallax ist vor allem für das Web von Bedeutung, das mit Maus und Tastatur genutzt wird, während der Trend ja vermeintlich in Richtung Mobile geht. Und dort sind übersichtliche Strukturen wichtiger als spannende Effekte.
So scheint es als ob vor allem die Conversational User Interfaces sowie die wachsende Bedeutung von Mobile als wahrscheinlichste Webdesign-Trends für 2017 gelten müssen.
Am Ende sind Prognosen jedoch immer ein Blick in die Kristallkugel. Auch stellen die hier benannten Voraussagen nur eine Auswahl der vielen Trends und Prognosen für das Jahr 2017 dar, die sich im Web finden lassen; die Meinungen gehen also durchaus auseinander. Welchen Trend halten Sie für bestimmend für das Jahr 2017?