JAX Countdown mit Martin Walter
JAX Countdown mit Martin Walter
Jeder kennt sie – die Missverständnisse im Arbeitsalltag, die insbesondere bei der Kommunikation über Abteilungsgrenzen hinweg auftreten. Wem dabei öfter mal der Satz „Einmal mit Profis arbeiten!“ über Lippen geht, sollte dem folgendem Interview mit JAX Speaker Martin Walter (Deutsche Welle) lauschen, in dem die wahren Gründe inklusive Lösungsansätze für Kommunikations-Probleme aufgedeckt werden.
JAXenter: „Einmal mit Profis arbeiten“ – ein super Titel für eine Konferenz-Session! Aber ich nehme mal an, es geht nicht nur darum zu zeigen, wie dilettantisch es in der Hölle des Arbeitsalltags zugeht?
Martin Walter: Danke für die Blumen und es geht natürlich nicht nur darum zu zeigen, was alles schief gehen kann. Das würde zu nichts führen und auch jeden Rahmen sprengen, denn wo immer es Kommunikations- oder Workflow-Hürden gibt, gilt natürlich Murphy’s Law: Anything that can go wrong will go wrong.
Mir geht es in der Session darum, treffende Beispiele – gerne mit etwas Humor – aufzugreifen und Lösungen zu skizzieren, denn in den seltensten Fällen liegt es tatsächlich an mangelnder Professionalität, auch wenn uns der Satz „Einmal mit Profis arbeiten“ sicherlich häufig auf der Zunge liegt.
JAXenter: Also amüsante Geschichten aus der Praxis – das schreit ja geradezu nach einer Kostprobe: Kannst du mal so ein typisches Problem der Zusammenarbeit beschreiben?
Martin Walter: Ein Klassiker sind die natürlichen Erzfeinde Entwickler und Designer. Der Entwickler soll bspw. das neue Firmenlogo einbinden und fragt deshalb beim Designer die Grafik an. Im ersten Versuch bekommt er die Grafik als Photoshop-Datei. Im zweiten Anlauf bekommt er sie als JPEG mit völlig falscher Größe. Beim nächsten Mal fällt auf, dass das Logo mit viel Weißraum exportiert wurde und im letzten eMail- oder Ticket-Ping-Pong beschwert sich der Entwickler, dass die Datei nicht für das Web größenoptimiert gespeichert wurde.
JAXenter: Und wie könnte hier ein Lösungsweg aussehen?
Martin Walter: Mit jeder Mailantwort oder jedem Ticket-Kommentar steigt der Aggressionspegel, bis die Situation irgendwann eskaliert. Grundsätzlich kann man bei „Ping-Pong-Problemen“ empfehlen, sich einfach einmal persönlich zu treffen oder notfalls zu telefonieren.
Was bei diesen Gesprächen nämlich passiert, ist, dass in der Regel sämtliche Anforderungen oder Rahmenbedingungen auf den Tisch kommen.
Wenn man das Logo-Beispiel nimmt, sieht man schön, wie Entwickler und Designer in ihrer eigenen Welt leben. Angefordert wurde das Logo – das bedeutet für den Entwickler eine bestimmte Grafik (inklusive Format, Größe und Dateigröße). Für den Designer ist das eher eine (Vektor-)Grafik in höchster Auflösung.
Die Anforderungen müssen also explizit gemacht werden. Hier hat man je nach Unternehmensstruktur verschiedene Optionen. Man kann die typischen Entwickler-Anforderungen ans Design zentral niederschreiben und dem Design zugänglich machen. Alternativ kann man für häufigere Vorgänge im Design auch ein Entwickler-Makro etablieren, welches bspw. Weißräume entfernt und die Grafik im richtigen Format exportiert. Weitere Lösungswege gibt es in der Session.
JAXenter: Wenn man sich die heutigen methodischen Diskurse anschaut, dann handelt ja u.a. die DevOps-Bewegung von der Behebung solcher Kommunikations- und Zusammenarbeits-Probleme. Welche Hoffnungen setzt du persönlich in DevOps?
Die Hürde zwischen Entwicklung und Betrieb ist hoch und bietet viel Raum für Fehlannahmen.
Martin Walter: Die Hürde zwischen Entwicklung und Betrieb ist hoch und bietet viel Raum für Missverständnisse und Fehlannahmen. Die DevOps-Bewegung begegnet genau diesen Problemen und macht betriebliche Anforderungen explizit, was dazu führt, dass beide Seiten mehr Gesamtverantwortung übernehmen. Betriebliche Probleme haben logischerweise auch die stärkste Außenwirkung und kosten ggfs. viel Geld, weil ein System nicht verfügbar ist.
Auf der W-JAX 2015 habe ich mit verschiedenen Leuten auch über den neuesten Trend BizDevOps geredet, wo in das Team noch Anforderer direkt mit einbezogen werden. Am Ende hat man jedoch das Problem, dass man nicht alle relevanten Bereiche in ein Team bekommt, denn dann müssten ja noch Juristen, Marktforscher oder sonstige Experten mit hinzugezogen werden. Insofern ist DevOps aus meiner Sicht gut und sinnvoll, aber kann natürlich nur die Probleme zwischen diesen Bereichen mindern und für Transparenz sorgen.
JAXenter: Hast du so etwas wie eine Kernbotschaft in deiner Session, die jeder mit nach Hause nehmen sollte?
Martin Walter: Die Kernbotschaft ist, dass wir alle zwar Profis sind – aber Profis in unserem Bereich. Will man Probleme verhindern, dann muss man zwangsläufig auch über den Tellerrand hinausschauen, lernen und bei jeder Kommunikation bedenken, wer der Empfänger ist und wie man ihm seine eigene Welt verständlich machen muss.
Die Zuhörer können sich auf spannende Fälle und Lösungen freuen und nehmen zum einen die Erkenntnis mit, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine stehen und zum anderen, dass es für jedes Problem auch Mittel und Wege gibt, sie zu bewältigen.
JAXenter: Vielen Dank für dieses Gespräch!