Oliver Zeigermann im Interview zum ML Summit 2020
Oliver Zeigermann im Interview zum ML Summit 2020
Auf dem ML Summit präsentieren Kim Nena Duggen und Oliver Zeigermann einen Workshop über die Anwendung von Maschine Learning im eigenen Projekt. Bereits vor dem Event haben wir mit Oliver Zeigermann darüber geredet, woher man eigentlich weiß, wann sich ein Blick auf Machine Learning lohnt und wie sich die Arbeit damit von anderen IT-Projekten unterscheidet.
Entwickler: In der Beschreibung eures Workshops für den ML Summit steht, dass es schwierig einzuschätzen ist, wann Machine Learning sinnvoll eingesetzt werden kann. Gibt es bestimmte Faktoren, an denen du das festmachen würdest?
Oliver Zeigermann: Die erste Frage ist, welche Daten man zur Verfügung hat oder beschaffen kann. Die zweite Frage ist welchen sinnvollen (geschäftlichen) Nutzen man erzielen kann und möchte. Möchte man etwas Bestehendes verbessern oder bisher nicht mögliches durch Machine Learning erst möglich machen. Darauf gehen wir in unserem Workshop natürlich genauer ein.
Entwickler: Welche Vorkenntnisse benötigt man, um erfolgreich ins Machine Learning einzusteigen?
Zeigermann: Mathematisches Verständnis ist nicht notwendig, allerdings reicht Erfahrung in der Programmierung nicht aus. Man muss vor allem methodische Kenntnisse erlangen, da der Prozess, mit dem man zu einem funktionierenden Machine Learning Modell kommt, anders ist als der traditionelle Software-Entwicklungsprozess.
Entwickler: Worin unterscheiden sich die Prozesse denn?
Zeigermann: Der besondere Unterschied ist, dass nicht spezifiziert wird, was die Software im Detail machen soll, sondern ein Algorithmus anhand von Daten ein Verhalten nachzuahmen oder eine Vorhersage zu machen lernt. Die Qualität einer solchen Vorhersage ist nur durch ein Experiment mit den Daten festzustellen. Ob diese Qualität für den Anwendungsfall ausreicht, bestimmt dann, ob man mit der Entwicklung fortfahren kann oder nicht.
Entwickler: Gibt es ML-Tools, die du Einsteigern besonders empfehlen kannst?
Zeigermann: Die Herausforderung beim Machine Learning sind weniger die Tools und ob man diese beherrscht. Das schafft man als technisch begabter Mensch relativ leicht. Daher wird Machine Learning auch häufig unterschätzt. Es sind aber eher die Denkweise und der Ansatz, der es vielen Leuten schwer macht. Dazu braucht man die emotionale Fähigkeite, mit Fehlschlägen umzugehen, da diese im Bereich des Machine Learnings – auch wenn man alles richtig macht – nicht zu vermeiden sind.
Entwickler: Bei Machine Learning geht es ja häufig auch um die Skalierbarkeit von Systemen. Wie gelingt es, diesen Faktor von Anfang an sinnvoll in Projekte einfließen zu lassen?
Zeigermann: Ich glaube, dass dieser Faktor häufig überschätzt wird. Die wenigsten Probleme sind Big Data und die wenigsten Probleme brauchen einen Kubernetes-Cluster, um sinnvoll in Produktion zu gehen. Um sich nichts zu verbauen, sollte man aber darauf achten, dass alles komplexen Lösungen, die auf neuronalen Netzwerken beruhen, GPUs oder TPUs erfordern. Diese Spezielhardware lässt sich häufig nur schwer virtualisieren und ebensowenig zwischen mehreren Prozessen teilen. Falls möglich, raten wir daher zu klassischen Machine-Learning-Algorithmen, die sich mit ähnlichen Mitteln wie traditionelle Software skalieren und in Produktion bringen lassen.
Entwickler: Welchen Tipp möchtest du Einsteigern ins Machine Learning mit auf den Weg geben?
Zeigermann: Startet mit einem einfachen, gut verstandenen Problem und vollzieht es erst einmal nach. Erst dann versucht es mit einem wirklich einfachen realen Problem aus eurem Umfeld. Was das sein kann, könnt ihr in unserem Workshop lernen.
Im Interview: Oliver Zeigermann
Oliver Zeigermann (embarc) is a developer and consultant from Hamburg, Germany. He has written several books and has recently published Deep Learning Crash Course with Manning. More on http://zeigermann.eu/