Die Tech-Industrie wird von Männern dominiert – so weit, so schlecht. Doch langsam, aber sicher bekommt der sogenannte Boys Club Gesellschaft von begabten Frauen: Immer mehr Frauen fassen in der Branche Fuß.
Aus diesem Grund wollen wir hier spannenden und inspirierenden Frauen die Möglichkeit geben, sich vorzustellen und zu erzählen, wie und weshalb sie den Weg in die Tech-Branche gewählt haben. Aber auch Themen wie Geschlechtervorurteile, Herausforderungen oder Förderungsmöglichkeiten kommen zur Sprache.
Unsere Woman in Tech: Stefania Mellai
Heute erzählt uns Stefania Mellai, Web-Entwicklerin bei Arduino, ihre Geschichte. Nach einem Master-Abschluss in Computer Engineering von der Politecnico di Torino startete Stefania ihre Tech-Karriere als Software-Analystin/-Entwicklerin bei einer Telekommunikationsfirma, wo sie eine Web-Plattform für das Monitoring von Daten entwickelte. Danach wechselte sie zu einer Softwarefirma in Nuoro, auch dort entwickelte sie eine Web-Plattform, diesmal fürs Mail-Marketing. Seit Dezember 2014 arbeitet sie bei Arduino in Turin. Ihre Stärken liegen in der Programmierung mit AngularJS, JavaScript, PHP und Golang.
Stefania kam durch ihren Vater mit Technik in Kontakt, während der Schulzeit interessierte sie sich aber mehr für die künstlerischen Fächer:
Ich bin in einem kleinen Dorf auf Sardinien aufgewachsen; mein Vater hat mir das Schreiben an der Schreibmaschine beigebracht, als ich in der Grundschule war. Später war er der erste im Dorf, der sich einen eigenen Computer (i486) gekauft hat, das war 1995. Ich war davon total begeistert und habe damit angefangen, ihn für einen Teil meiner Hausaufgaben zu benutzen und damit zu spielen.
In der Schule mochte ich Mathe und die Naturwissenschaften immer, habe die freien Künste aber noch mehr geliebt. Als Oberschule habe ich mich für das „Liceo Classico“ entschieden, eine wunderschöne Schule, an der ich Altgriechisch und Latein lernte. Wir hatten dort nur wenige Stunden Matheunterricht pro Woche. Dennoch habe ich in dieser Zeit einige einfache, statische Websites veröffentlicht, die ich mit einem einfachen Editor erstellt habe.
Nach ihrem Schulabschluss entschied sich Stefania dann aber für ein Studium mit besserem Jobpotenzial:
Sardinien ist einer der Orte in Europa mit einer recht hohen Arbeitslosenquote. Als es dann also an der Zeit war, mich für ein Studium zu entscheiden, habe ich versucht, trotz meiner Liebe zu Literatur, Sprache und den Künsten, mich für etwas zu entscheiden, das mir die Jobsuche erleichtert. Darum bin ich nach Turin gezogen und habe dort Computer Engineering an der Politecnico di Torino studiert.
Das war sehr schwer, aber ich glaube, dass ich mich richtig entschieden habe. Für meine Master-Arbeit habe ich eine Web-Anwendung für ein lokales Krebsforschungszentrum entwickelt. Das war meine erste echte Erfahrung mit Programmierung und ein sehr interessantes Projekt.
Heute arbeite ich als Web-Entwicklerin für Arduino an so ziemlich allen arduino.cc-Websites (das sind viele!) und am Arduino Create Editor Projekt. Es ist wirklich spannend und befriedigend, im Open-Source-Bereich zu arbeiten. Besonders gefällt mir an meinem Job die Interaktion mit den Nutzern – wir bekommen über ein Forum und weitere Kanäle kontinuierlich Feedback, unsere Community ist wunderbar. Ein typischer Tag bei der Arbeit beginnt für mich mit einem Stand-up mit dem Arduino Create Team; den restlichen Tag über fixe ich hauptsächlich Bugs oder entwickle neue Features. Meine Hauptsprache ist JavaScript, ich arbeite mit AngularJS.
Ihre Entscheidung für ein technisches Studium hat Stefania nie bereut, glücklicherweise ist sie auf ihrem Weg auch nicht mit Vorurteilen konfrontiert worden. Einen Grund für die mangelnde Diversity in der Tech-Branche sieht sie in den Frauen selbst begründet:
Ich weiß nicht, ob ich einfach Glück hatte, aber mir sind bisher nicht viele Stereotypen in meiner Karriere begegnet. Ich weiß aber von einigen Freundinnen, dass sie mehr Pech hatten – ich denke jedoch, dass Frauen auch in anderen Branchen mehr Schwierigkeiten begegnen als Männern. In meiner Branche gibt es viele Chancen und Jobangebote und weniger Raum für Diskriminierung. Das könnte also ein guter Grund für Frauen sein, um sich für eine Karriere in der IT zu entscheiden! „Frauen können genauso gut sein wie Männer.“
Ich glaube, dass die Hürden für eine Frau in der Tech-Branche vor allem in ihrem eigenen Kopf und ihrem Willen begründet liegen. Das Bildungssystem und die Art, wie Kinder erzogen werden, spielen allerdings auch eine Rolle dabei. Gerade erst gestern habe ich ein Buch in einer Buchhandlung gesehen, das „200 tales for baby-girls“ heißt und natürlich pink und voller Klischees war. Ich habe eine Nichte, die jetzt drei Jahre alt ist. Manchmal machen mir die Cartoons Angst, die sie sich anschaut, weil so viele davon wirklich sexistisch sind.
Stefania ist aber nicht für eine Frauenquote, sondern hofft darauf, dass es irgendwann ganz normal ist, dass Frauen in der Tech-Branche arbeiten – genauso wie etwa Männer als Erzieher.
Ich möchte keine These darüber aufstellen, ob ein höherer Frauenanteil diesen oder jenen Vorteil hätte, um nicht die ganzen Stereotypen über Männer und Frauen zu bedienen. Wir sollten meiner Meinung nach daran arbeiten, eine Welt zu erschaffen, in der es für Frauen ganz normal ist, sich für eine Karriere zu entscheiden, die früher typischerweise von Männern gewählt wurde. Ganz einfach, weil wir genauso gut sein können wie Männer. Nicht besser – wir sind alle gleich.
Allerdings ist sich Stefania sicher, dass unsere Welt eine bessere wäre, wenn mehr Frauen in der Tech-Branche arbeiten würden:
Unsere Welt wäre sicherlich gerechter und vielfältiger. Ich weiß nicht so genau, was wir tun können, um Frauen darin zu unterstützen, eine Karriere in der Tech-Branche in Erwägung zu ziehen – außer der Vermeidung von jeglichen Geschlechter-Stereotypen in der Erziehung von Kindern (sowohl bei Mädchen als auch bei Jungs). „Unterschätze dich nie.“
Ich habe dieses Jahr allerdings eine interessante Organisation kennengelernt, die sich Django Girls nennt und Programmierworkshops für Frauen organisiert.
Sie und andere Organisationen, beispielsweise das CoderDojo, könnten dabei helfen, Menschen zu zeigen, dass Programmierung nicht abschreckend oder schwer ist, sondern jede(r) programmieren lernen kann, wenn er oder sie das wirklich möchte.
Mein Ratschlag für Frauen lautet: Unterschätze dich nie!
Wie sind eure Erfahrungen als Frauen in der Tech-Branche? Und wie seht ihr Männer das – fehlen euch qualifizierte Frauen als Kollegen? Schickt uns eure Erfahrungen, Meinungen, Wünsche per Mail an redaktion@entwickler.de!
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