Interview mit Viktoryia Verasava, TypeScript-Entwicklerin bei McMakler

Women in Tech: „Ich bin jetzt in der Situation, dass mein Job perfekt auf mich passt.“

Women in Tech: „Ich bin jetzt in der Situation, dass mein Job perfekt auf mich passt.“

Interview mit Viktoryia Verasava, TypeScript-Entwicklerin bei McMakler

Women in Tech: „Ich bin jetzt in der Situation, dass mein Job perfekt auf mich passt.“


In unserer Artikelserie „Women in Tech“ stellen wir inspirierende Frauen vor, die erfolgreich in der IT-Branche Fuß gefasst haben. Heute im Fokus: Viktoryia Verasava, TypeScript-Entwicklerin bei McMakler.

Die Tech-Industrie wird von Männern dominiert – so weit, so schlecht. Doch langsam, aber sicher bekommt der sogenannte Boys Club Gesellschaft von begabten Frauen: Immer mehr Frauen fassen in der Branche Fuß.

Aus diesem Grund wollen wir hier spannenden und inspirierenden Frauen die Möglichkeit geben, sich vorzustellen und zu erzählen, wie und weshalb sie den Weg in die Tech-Branche gewählt haben. Aber auch Themen wie Geschlechtervorurteile, Herausforderungen oder Förderungsmöglichkeiten kommen zur Sprache.

Unsere Woman in Tech: Viktoryia Verasava

Viktoryia Verasava ist TypeScript-Entwicklerin für den Full-Service-Immobiliendienstleister McMakler. Sie brennt schon seit ihrer Schulzeit in Belarus für Informatik, entschied sich aber zuerst für eine Karriere als Elektroingenieurin. Über eine Umschulung kam sie schließlich wieder zur IT.

Wann entstand Dein Interesse für Tech?

Ich schätze, dass das seit meinen frühen Schuljahren der Fall ist. Schon damals mochte ich die Mathestunden am meisten. In der Mittelstufe fing ich mit Informatik an und lernte, grundlegende Tasks in Pascal zu programmieren. Das war der Zeitpunkt, an dem meine Eltern mir einen PC kauften und ich begann, meine Programmierfähigkeiten zu verbessern – sowohl bei Schulaufgaben als auch in meiner Freizeit. Vor meinem Schulabschluss wählte ich Informatik als Fach für meine Abschlussprüfung, da ich mich mit Informatik am sichersten fühlte. Dennoch entschied ich mich nach meinem Schulabschluss für das Elektroingenieurswesen, da die Berufsaussichten zu diesem Zeitpunkt sicherer und solider schienen. Damals war die IT-Branche noch nicht so weit entwickelt und es gab nicht so viele Stellen wie heutzutage.

Wie verlief dein Weg bis zum jetzigen Beruf?

ich stellte fest, dass es das Programmieren ist, das ich am meisten liebte.

Ich schloss meine Hochschulbildung an der Universität in Mogiljow, Belarus, mit einem Master in Energetics ab und arbeitete danach für drei Jahre als Elektroingenieur im Bauwesen. Die Arbeit war nicht sehr erfüllend. Da ich hauptsächlich in der Dokumentation tätig war, konnte ich die Ergebnisse meiner Arbeit nicht wirklich sehen. Ich entschied mich für einen Kurswechsel, um das zu tun, von dem ich sicher war, dass ich es lieben würde. Zu der Zeit versuchte EPAM, ein global agierender IT-Dienstleister mit belarussischen Wurzeln, mit Programmierkursen neue Mitarbeiter in meiner Heimatstadt zu finden. Ich bewarb mich, nicht nur weil ich den passenden beruflichen und akademischen Hintergrund hatte, sondern auch, weil ich mich etwas verloren fühlte. Ursprünglich war es meine Absicht, meine Programmierkenntnisse aufzufrischen und Erfahrungen in modernen Web-Development-Technologien zu sammeln. Aber als ich den Kurs abgeschlossen hatte, stellte ich fest, dass es das Programmieren ist, dass ich am meisten liebte. So kam ich zu meiner Stelle bei EPAM. Während meiner Zeit dort lernte ich viele großartige Leute kennen, die mir dabei halfen, mich beruflich weiterzuentwickeln, mein Können als Ingenieurin und als Mensch zu verbessern und tiefer in die IT-Welt einzutauchen. Nach drei Jahren mit EPAM suchte ich in der Start-Up-Szene nach neuen Herausforderungen und kam schließlich zu McMakler.

Hattest Du Unterstützung von Freunden oder Familie erhalten?

Da fällt mir insbesondere meine Informatiklehrerin ein. Sie eröffnete mir die Welt des Programmierens. Ich würde sie als meine erste Mentorin bezeichnen. Bei EPAM hatte ich einen großartigen Manager, Yury Tatarynovich. Er unterstützte mich nicht nur dabei, mein erstes Projekt anvertraut zu bekommen, sondern stärkte auch mein Vertrauen in meine Programmierfähigkeiten. Einer der Gründe, warum ich ihn als Vorbild sehe, ist, dass er in meiner Heimatstadt Mogiljow Mitgründer der JavaScript Community ist, die junge, programmier- und Web-Technologie-affine Menschen um sich schart. Er ist ein Beispiel dafür, wie Hingabe zu Technologie mit dem Wunsch, Wissen weiterzugeben, vereint werden kann. Ich schätze seine Voraussicht, Intelligenz und Menschlichkeit sehr.

Hat man Dir Steine in den Weg gelegt?

Jeder kann hier Programmierfähigkeiten unter der Aufsicht erfahrener Programmierer erwerben.

Um ehrlich zu sein, habe ich nie jemanden kennengelernt, der mich aufhalten wollte. Und selbst wenn das der Fall gewesen wäre, glaube ich nicht, dass mich das gestoppt hätte. Ich habe genügend Hingabe für das gezeigt, was ich tue. Ich bin jetzt in der Situation, dass mein Job perfekt auf mich passt.

Außerdem habe ich das Bedürfnis, etwas zurückzugeben. Daher versuche ich oft, in anderen Menschen das Interesse für Informatik und Programmieren zu wecken und diejenigen zu unterstützen, die mich um Hilfe bitten. Ich bin gerne Mentor, weswegen ich mich unter anderem als Rolling Scopes School Mentor in Belarus engagiert habe. Dabei handelt es sich um eine kostenfreie Programmierschule, die auch gemeinschaftliche Angebote hat. Jeder kann hier Programmierfähigkeiten unter der Aufsicht erfahrener Programmierer erwerben.

Wie sieht Dein Arbeitsalltag aus?

Aktuell arbeite ich als Frontend Engineer für McMakler. Was mir die meiste Freude bereitet ist, dass ich Programmieraufgaben löse, also, die Implementierung neuer Funktionen, Bugs beheben und dergleichen. Ich bin auch bei unseren regelmäßigen Teammeetings dabei, die meistens als Scrum-Zeremonien aufgebaut sind. Hier diskutieren wir über neue Features: Was wir einführen, bzw. warum und weshalb wir etwas einführen. Im Web Development ist Teamarbeit essenziell, darum ist Kommunikationsgeschick wichtig, auf jeden Fall aber nicht weniger wichtig als das technische Talent.

Gibt es ein Projekt, das dir besonders gefallen hat?

Ich nehme gern an Hackathons teil. Mein Letzter war noch mit meinen alten Kollegen meines vorherigen Jobs – wir nahmen beim Engineering Jam in Minsk teil. Wettbewerbe wie dieser machen immer richtig viel Spaß und sind auch ein bisschen aufregend. Sie bieten gute Gelegenheiten coole Leute kennenzulernen, neue Sachen zu lernen und sich mit Gleichgesinnten zu umgeben.

Warum gibt es nicht mehr Frauen in der Tech-Branche?

Die Tech-Industrie wurde früher als ziemlich kompliziert und langweilig wahrgenommen. Meine Einschätzung ist, dass dieses Vorurteil von Leuten stammt, die nichts mit Tech zu tun haben. Das ändert sich aber mittlerweile, auch weil Informationen über IT-Berufe einfacher zugänglich sind. Zu den Hürden kann ich nicht viel beitragen. Weder in Belarus noch in Deutschland bin ich irgendwelchen Barrieren begegnet – zum Glück. An der Universität und später am Arbeitsplatz wurde ich stets mit demselben Respekt wie meine männlichen Kollegen behandelt. Auf meinem Karriereweg bin ich zahlreichen Frauen in Positionen in der Entwicklung, Quality Assurance, Business Analytics, Projektmanagement und anderen Geschäftsbereichen begegnet.

Welche Hindernisse haben Frauen in der Tech-Branche zu bewältigen?

Frauen wird die Qualitfikation abgesprochen, auch ambitionierte Ziele zu verfolgen.

Ich habe das große Glück, dass ich in der IT-Branche Klischees und stereotypischen Vorstellungen bislang nicht begegnet bin. Also, nichts was mit dem Stereotyp vergleichbar wäre, dass Frauen schlechte Autofahrer wären. Was mir dazu aber in den Sinn kommt, ist, dass Frauen die Qualifikation abgesprochen wird, auch ambitionierte Ziele zu verfolgen. Für Informatik und die IT-Branche ist das schlussendlich ein Verlust. Denn junge Frauen, die sich in der Oberstufe für einen Schwerpunkt entscheiden müssen oder ein Studienfach an der Uni auswählen, sehen Programmieren häufig als sehr kompliziert an. Das Risiko zu scheitern, wird höher eingeschätzt als die Chance auf Erfolg.

Wäre unsere Welt eine andere, wenn mehr Frauen in MINT arbeiten würden?

Ich bin der Überzeugung, dass alle die Gelegenheit haben sollten, das zu tun, was sie lieben. Ich möchte Menschen, die in der Tech-Industrie beschäftigt sind, nicht nach ihrem Geschlecht aufteilen. Rein von den Wahrscheinlichkeiten her sollten starke und schwache Spezialisten in gleichem Maße bei den Geschlechtern vertreten sein.

Kannst Du Frauen, die eine Tech-Karriere anstreben, einen Rat geben? Was sollten sie über die Branche wissen?

In der IT-Industrie zu arbeiten macht Spaß. Hier gibt es viele interessante und schlaue Leute – und eine Vielzahl an Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln. Aber, wie es auch in vielen anderen Industriezweigen ist, passt IT nicht für alle gleichermaßen. Wenn du neugierig auf Technologiethemen bist, lohnt es sich, einen Blick auf Onlineangebote zu werfen. Egal ob Artikel, Bücher, Weiterbildungen oder Programmierkurse – der Einstieg ist einfach. Wichtig ist, keine Angst davor zu haben, Zeit zu investieren und sich schlau zu machen.

Jan Bernecke ist seit 2019 Online-Redakteur bei S&S Media. Zuvor war der rugbyspielende Literaturwissenschaftler im Bereich Online-Marketing tätig.


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