Zu den größten Herausforderungen in klassischen IT- und Softwareprojekten zählen die Kommunikation zwischen allen Beteiligten und das einheitliche Verständnis der einzelnen Schritte und Ergebnistypen. Nicht jeder hat die gleiche Erwartungshaltung an Ergebnis, Vorgehensweise und Umsetzung. Zudem gehen die Bilder vom Ergebnis in den Köpfen der Beteiligten meist extrem auseinander. Hier wurden schon etliche Methoden entwickelt und Verfahren eingeführt, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Oft gehen zudem unzählige Stunden an Abstimmungsmeetings ins Land, bis am Ende etwas entsteht, das man sich am Anfang ein bisschen anders vorgestellt hatte.
Vor allem im Bereich der Web- oder Anwendungsoberflächen hat jeder der Beteiligten nach dem ersten Briefing meist schon ein grobes Bild seiner Erwartungen im Kopf. Da spielen eigene Präferenzen, moderne User Interfaces und nicht zuletzt auch das Interesse daran, seine Erwartungen an das Projekt priorisiert wiederzufinden, eine tragende Rolle. Es besteht somit ein Risiko, dass das Ergebnis nicht den verschiedensten Erwartungen entspricht. Der Weg der klassischen Web- und Softwareentwicklung birgt genau diese Risiken, da ein greifbares Ergebnis erst nach längerer Entwicklungszeit vorliegt. Auch wenn im Vorfeld Mengen an Anforderungen, Spezifikationen, Agreements, technischen Vorgaben etc. heruntergeschrieben wurden, liest doch jeder etwas anderes daraus.
Im Zuge der aktuellen „Agilisierung“ von fast jedem Businessprozess hat sich auch im Bereich des Oberflächendesigns etwas getan. Bei der Vorgehensweise des „Visual Application Design“ werden nach den ersten schriftlichen Anforderungen und Spezifikationen des Projektrahmens direkt ein Wireframe oder auch nur Mockups entwickelt, die sofort ein klares Bild des zu erwartenden Projektergebnisses zeigen. Auch wenn hier noch keine echten Funktionalitäten und auch kein Corporate Design einfließen, hat man doch relativ schnell eine Diskussionsgrundlage für alle Beteiligten geschaffen – jeder weiß nun, wovon die Rede ist. Agieren klassische Digital- und Werbeagenturen schon länger mit dieser Methode, ist sie doch nicht so oft (auch wenn bewährt) in der klassischen IT-Entwicklung im Einsatz.
Der Mockup oder Wireframe übersetzt in diesem Stadium alle technischen, fachlichen, vertrieblichen und marketingtechnischen Anforderungen in eine bildhafte Darstellung, die jeder sofort begreift und die ein einheitliches Verständnis schafft.
Das Zusammenspiel der verschiedenen Stakeholder bei der Applikationsentwicklung gestaltete sich schon immer schwierig. Wollen die Technologen, damit es schnell läuft, eine einfache, aber effiziente Technologie nutzen, die sich möglichst perfekt in die bisherige IT-Landschaft integriert, wünscht sich der Vertrieb ein schnelles und effizientes Zugreifen auf die gewünschten Applikationen. Das Marketing möchte, dass die Anwendung auf allen Endgeräten verfügbar ist, das Corporate Design widerspiegelt und möglichst viele Kommunikationsmöglichkeiten integriert. Letztlich wünschen sich aber alle eine schlanke, übersichtliche und nutzerfreundliche Oberfläche, die intuitiv bedienbar und modern ist. Dabei hat auch jede Abteilung ihre fachlichen Begriffe, die in den Abstimmungsmeetings fallen, die aber nicht jeder versteht. Technik und Entwicklung können sich unter „Flat Design“ oder „Call-to-Action-Bereichen“ so wenig vorstellen, wie Marketing, Management oder Vertrieb oft unter „Framework“ oder „Smart Client“.
Die Vorgehensweise des Visual Application Designs setzt genau darauf auf. Man zieht das Ergebnis einfach in nichtfunktionaler und abgespeckter Form vor, damit sich jeder wiederfindet und sofort im Kopf mit seiner Expertise die für ihn relevanten Informationen aus dem schemenhaft abgebildeten Ergebnis ziehen kann. Man bildet also eine Brücke zwischen den Anforderungen der einzelnen Stakeholder und dem zu erwartenden Ergebnis. So kann jeder für sich sehen, ob seine Erwartungen und Anforderungen erfüllt werden.
Bilder können komplexe Strukturen und Mechaniken in einem kleinen simplen Objekt vereinen. Aktionen, die davon abgeleitet werden, setzen sich aus Bekanntem und Erlerntem zusammen. So versteht jeder, was zu tun ist, wenn er ein Symbol mit einem „X“ findet – er kann einen Vorgang abbrechen. Oder der Architekt, der zur Verdeutlichung seines Hauskonzepts einen Grundriss des Projekts aufzeichnet, unter dem sich jeder unmittelbar etwas vorstellen kann. Wände, Türen, Fenster, Treppen, sogar Steckdosen sind ikonisiert...